NOTFALL

WEG Novelle 2022 - Wesentliche Änderung in der Beschlussfassung durch Wohnungseigentümer

In Wohnungseigentumsobjekten stehen sich häufig die Interessen des Einzelnen und jene der Allgemeinheit gegenüber, wobei der Gesetzgeber seit jeher versucht, einen Ausgleich zu schaffen. Während der einzelne Eigentümer nach § 16 WEG berechtigt ist, sein Objekt zu nutzen und bestimmte Änderungen auch unter Einbeziehung von Allgemeinflächen oder anderen Wohnungseigentumsobjekten zu ändern, erlauben die §§ 24ff WEG den Eigentümern, Beschlüsse zu fassen und Änderungen gemeinschaftlich herbeizuführen.

Das WEG 2002 kannte bis zur Novelle 2022 die Unterscheidung in Präsenz- und Konsensquorum nicht, da positive Entscheidungen immer eine Mehrheit der gesamten Miteigentumsanteile erforderten.

Selbst wenn alle teilnehmenden Eigentümer einer Abstimmung einer Maßnahme zustimmten, konnte kein positiver Beschluss gefasst werden, wenn sie weniger als die Hälfte der Miteigentumsanteile darstellten. Passive und nicht entscheidungswillige Eigentümer konnten Entscheidungsfindungen massiv verzögern und ggf. verhindern. Anders als bei den Individualrechten nach § 16 WEG, kann die Zustimmung auch nicht durch das Gericht substituiert werden.

Die Novelle 2022 adressierte dieses Problem mit Wirkung ab 1.7.2022 und bietet ab diesem Zeitpunkt zwei alternative Beschlussfassungen:

1.) Die bisherigen Beschlussfassungskriterien bestehen weiterhin; das bedeutet, dass positive Beschlüsse weiterhin durch Zustimmung der Mehrheit der Miteigentumsanteile gefasst werden können. (Konsensquorum)

2.) Ein Beschluss wird zukünftig auch gefasst, wenn die Zustimmung von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen vorliegt, und die Zustimmung  - absolut betrachtet - mehr als ein Drittel der Miteigentumsanteile repräsentiert. (Präsenzquorum)

Ein Beispiel:

Nehmen mehrere Eigentümer, die zusammen 35% der Miteigentumsanteile umfassen, an einer Eigentümerversammlung teil und stimmen alle für eine bestimmte Maßnahme, so liegt nach der Rechtslage bis 30.6.2022 kein gültiger Beschluss vor. Gemäß der Rechtslage ab 1.7.2022 liegt ein gültiger Beschluss vor!

Beide Entscheidungsalternativen sind seit 01.07.2022 gleichwertig. Weder muss im Vorfeld festgelegt werden, welche Mehrheit angestrebt wird, noch sind mit einer Variante Nachteile verbunden. Nach § 24 Abs 4 WEG ist ab 1.7.2022 jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass auch ein mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame Beschlussfassung nicht verhindert kann.

Zusammengefasst können Beschlüsse seit 01.07.2022 auch mit folgenden Kriterien gefasst werden:

  • Es muss eine Zustimmung von zwei Dritte der abgegebenen Stimmen bestehen
  • Die Zustimmenden repräsentieren zumindest ein Drittel der gesamten Miteigentumsanteile gemäß Grundbuch

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