Interview mit Florian Kanzler
Hallo Herr Kanzler, Sie sind mit der ENERGO seit etwa fünf Jahren ein wichtiger Partner der ARIS Immobilientreuhand Graz sowie der ARIS Immobilientreuhand Pinzgau. Können Sie uns in ein paar Worten die Aufgabe der ENERGO erklären und was Sie für die Eigentümer und Mieter tun können um Energiekosten einzusparen?
Kanzler: Richtig, wir arbeiten seit etwa 2017 zusammen und verfolgen das gemeinsame Ziel die Beschaffung von Strom und Gas zu optimieren, deswegen ist die ARIS vor einigen Jahren zu uns gekommen mit dem Wunsch dem Energiepool beizutreten, um Kosten für die Kunden zu sparen und die Energiebeschaffung in professionelle Hände zu legen. Die ENERGO ist ein Energiepool, der sich auf die gemeinschaftliche Anschaffung von Strom und Gas spezialisiert hat. Ein Energiepool ist eine Gemeinschaft, die sich zum Einkauf von Energie zusammenschließt. Der gemeinsame Auftritt vieler „kleiner“ Energiekonsument:innen eröffnet die Möglichkeit, mit den Energielieferanten bessere Tarife auszuhandeln. Dadurch wird jeder einzelne finanziell entlastet. Darüber hinaus sind die Beschaffungszeitpunkte für die Energie mittlerweile wesentlich, da es unterjährig enorme Preissprünge an der Börse gibt. Der Betreiber des Energiepools kümmert sich um Vergleiche, Verhandlungen, sowie An-, Um- und Abmeldungen, monitort den Markt und kennt die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zu unseren Kunden zählen mittlerweile österreichweit tausende Privatpersonen, Kleinunternehmen und Hausverwaltungen.
Geben Sie uns einen kurzen Überblick über das vergangene Jahr, die enormen Preissteigerungen und wie Sie damit umgegangen sind:
Für uns war es bereits Ende 2021 absehbar, wie sich die Preise entwickeln könnten. Der Strompreis betrug an der Börse zu diesem Zeitpunkt bereits nahezu 50ct je kWh. Verantwortlich hierfür war die gestiegene Nachfrage nach der Pandemie. Wir konnten also sehen, wohin sich die Preise 2022 entwickeln könnten. Wir haben uns zu diesem Zeitpunkt intensiv mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen am Energiemarkt auseinandergesetzt und sind auf die sogenannte Grundversorgung aufmerksam geworden. Zum Schutz unserer Kunden haben wir hierüber ein Gutachten erstellen lassen, um unsere Kunden im Bedarfsfall schützen zu können. Durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine und dem damit verbundenen weiteren Preisanstieg bei Strom und Gas war das in der Nachbetrachtung eine sehr gute Entscheidung. Wir hatten somit ein Werkzeug, um unsere Kunden vor den enormen Preissteigerungen zu schützen.
Frage: Welche Bilanz ziehen Sie nach fast einem Jahr, in dem Sie Privathaushalte und Unternehmen beim Wechsel in die Energie-Grundversorgung unterstützten?
Kanzler: Während uns Kunden, die selbstständig einen Umstieg in die Grundversorgung machten, oft von Ablehnung ihres Antrags beziehungsweise von zahlreichen Forderungen wie Nachweise sozialer Bedürftigkeit - wie etwa die GIS-Befreiung - berichtet haben, machten wir eine andere Erfahrung. Von uns durchgeführte Anmeldungen in die Grundversorgung sind von den Energieversorgern angenommen worden. Probleme hatten wir nur mit sehr langen Bearbeitungszeiten seitens der Versorger und dem "Zusammentragen" der Unterlagen wie Belieferungsbestätigungen oder Vorschreibungen. Wir konnten durch den Wechsel von Privathaushalten und Wohnungseigentumsgemeinschaften die Energiekosten für etwa 9.000 Haushalte beträchtlich senken und so viele Verbraucher vor erheblichen finanziellen Problemen bewahren.
Frage: Seit Dezember fallen die Großhandelspreise für Strom und Gas (Gas: 5,0 Cent/kWh; Strom: 16 Cent/kWh). Lohnt sich angesichts dieses Trends der Wechsel?
Kanzler: Es haben sich lediglich die Voraussetzungen geändert und somit muss die Strategie der Beschaffung angepasst werden. Gegenteilig zum Vorjahr sind nun wieder die Bestandskunden der Lieferanten preislich benachteiligt und es gibt die Möglichkeit günstigere Neuverträge abzuschließen. Durch die hohen Preise der Bestandskunden ist nun auch die Grundversorgung nicht mehr die günstigste Alternative. Diese richtet sich ja nach jenem Preis, zu dem der Großteil der Bestandskunden des jeweiligen Lieferanten mit Energie versorgt wird. Wir konnten erst kürzlich einen Vertrag mit einem Lieferanten abschließen, welcher es uns nun erstmalig ermöglicht, neben Wohnungseigentumsgemeinschaften auch Privatkunden und kleinere Gewerbebetriebe zu bündeln und mit einem Rahmenvertrag auszustatten. Somit profitieren unsere Kunden nun von den oben erwähnten aktuell wieder günstigeren Großhandelspreisen.
Frage: Können Sie an einem konkreten Beispiel ausführen wie Vertragswechsel in der Praxis ablaufen?
Kanzler: Die Energie Steiermark aber auch andere Anbieter wie die Salzburg AG hatte die Preise für Strom im letzten Jahr für eine Neuanmeldung auf nahezu 50 Cent/kWh Strom erhöht. Durch die Anmeldung der Kunden in die Grundversorgung bei einem anderen Lieferanten konnten wir diesen Preis auf 9,78 Cent reduzieren. Gegen Ende des Jahres hat dieser Lieferant die Preise für Bestandskunden auf etwa 32 Cent/kWh angehoben - somit auch den Tarif für die Grundversorgung. Allerdings musste dem Kunden eine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt werden. Bei Kündigung muss dem Kunden per Gesetz der alte Preis noch bis zum 30. April 2023 zugesichert werden. Wir haben die Kündigungen im Namen der Kunden durchgeführt und diese durch einen Rahmenvertrag mit 1. Mai 2023 für etwa 20 Cent/kWh neu in Belieferung gebracht. Für eine Jungfamilie mit Haus und Beheizung mittels Wärmepumpe bedeutet das Minderkosten von 3500 Euro im Jahr 2023. Bei Kunden mit Gasheizungen gibt es noch dramatischere Beispiele. Es ist also wichtig die Entwicklung des gesamten Marktes im Auge zu behalten und nach Lösungen zu suchen. Der Fokus auf eine einzelne Maßnahme, wie die Grundversorgung, bietet dem Konsumenten oder Kleingewerbe keine nachhaltige Möglichkeit die Kosten zu senken. Als wir letztes Jahr auf die Grundversorgung aufmerksam gemacht haben, war dies nur als eine Möglichkeit im steigenden Marktumfeld zu sehen.
Wie kann man das jetzt auf die Hausverwaltung umlegen bzw. was kommt auf Eigentümergemeinschaften zu, welche stark von Strom und Gas abhängig sind, also zum Beispiel die Heizung über eine Luftwärmepumpe oder Gas betrieben wird? Wie sieht hier Ihre Strategie für 2023 und darüber hinaus aus?
Wir haben in der Vorbereitung auf die Energiekrise und auch währenddessen vieles richtig gemacht, aber natürlich auch vieles gelernt. Dieses Wissen wurde nun in unsere Beschaffungsprozesse eingearbeitet. Für die Zukunft können wir unseren Kunden nun die bestmögliche Energiebeschaffung in einem steigenden, fallenden und gleichbleibenden Marktumfeld bieten. Unsere Unabhängigkeit ermöglicht es uns, unter Inanspruchnahme der rechtlichen Rahmenbedingungen für jede dieser Marktphasen den Beschaffungsprozess umzusetzen, welcher die jeweilige Kundengruppe bestmöglich versorgt.
Florian Kanzler (39) ist gebürtiger Obersteirer und geschäftsführender Gesellschafter der in Graz und Wien ansässigen ENERGO Energiedienstleistungen GmbH. ENERGO vertritt seit 2017 österreichweit die Interessen der Kunden am Energiemarkt und hat 2022 unter anderem dem Thema Grundversorgung für Strom und Gas zur medialen Präsenz verholfen.